Mittelstandspolitik und landwirtschaftliche Themen standen im Mittelpunkt des von der SWR-Moderatorin Hendrike Brenninkmeyer geleiteten Diskussions- und Frage-Antwortforums am 18. Februar im GENO-Haus Stuttgart. Das Besondere des GENO-Forum Politik, die gleichermaßen Argumentations-Check der Wahlkämpfer und Plattform für genossenschaftliche Anliegen an die Landespolitik war: Die Teilnehmer konnten in zwei anonymen Abstimmungen ihr Votum zu den Positionen der Mandatsträger abgeben und es wurden Themen der Wirtschafts-, Finanz- und Agrarpolitik diskutiert, die die Genossenshcaften in Baden-Württemberg bewegen.
Bedeutung von Genossenschaften für soziale Marktwirtschaft
BWGV-Präsident Dr. Roman Glaser stellte eingangs die wichtige Rolle und beachtliche Position der Genossenschaften in Baden-Württemberg heraus. Aktuell gibt es rund 3,85 Millionen Einzelmitglieder in Baden-Württemberg in den 830 baden-württembergischen Genossenschaften. In einer Zeit, in der zu Recht mehr Transparenz und Mitbestimmungsmöglichkeiten gefordert werden, ist dies ein ungemein hohes Gut – und ein Beispiel dafür, wie fortschrittlich der Genossenschaftsgedanke ist, der den Wesenskern der Transparenz und Demokratie von Beginn an in sich trägt. Zukunft und Herkunft gehen eine ideale Verbindung ein.
Dies drückt sich auch in dem seit einigen Jahren anhaltenden Gründungsgeschehen aus: Alleine in Baden-Württemberg sind in den zurückliegenden zehn Jahren unter dem Dach des BWGV rund 250 neue Genossenschaften entstanden. Die Rechts- und Unternehmensform der eingetragenen Genossenschaft (eG) wird dabei insbesondere von neuen Branchen und Zukunftsmärkten genutzt. Zahlreiche Neugründungen im Bereich regenerativer Energien, innerhalb des Pflege- und Gesundheitssektors, im Bildungsbereich oder im ländlichen Raum zur Sicherstellung einer lebendigen Dorfstruktur sind gelebtes Zeichen dafür, wie sehr die Genossenschaft auf die Zukunft ausgerichtet ist. Glaser betonte die Bedeutung von eigenverantwortlicher Selbsthilfe in der sozialen Marktwirtschaft. Die Landespolitik müsse den Rahmen dafür schaffen, dass „statt eines trügerischen und letztlich lähmenden Glaubens, der Staat werde und könne alles richten, Eigenverantwortung und Eigeninitiative wieder in den Fokus rücken“ sollten, so Glaser.
BWGV-Präsident adressiert Politiker
Der BWGV-Präsident adressierte an die wirtschafts- und landwirtschaftspolitischen Sprecher der Parteien die Stichworte, welche die genossenschaftlichen Unternehmen umtreiben: Unternehmer-Kritik am Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg, Niedrigzinsphase, Einlagensicherung auf EU-Ebene, regulatorischer Druck auf kleine und mittlere Banken, Bekenntnis zur heimischen landwirtschaftlichen Erzeugung und haftungsbeschränkte Kooperationsgesellschaft.
Lebhafte Diskussion im Vorfeld der Landtagswahl
Dr. Friedrich Bullinger MdL, FDP-Sprecher für Landwirtschaft, ländliche Räume und Verbraucherschutz, stellte für die Landwirtschaftspolitik heraus, dass eine „überbordende Bevormundung durch die Politik“ schädlich sei. „Wir müssen die Verbraucher dazu bringen, angemessene Preise für hochwertige regionale Produkte zu bezahlen.“ Egal, ob konventionell oder ökologisch erzeugt. Martin Hahn MdL, landwirtschaftspolitischer Sprecher (Grüne), sagte: „Wir müssen die Produkte kennzeichnen und dadurch qualifizieren sowie regionalisieren“, damit bessere Preise erzielt werden können. Der Weg auf die internationalen Märkte sei eine Sackgasse. Karl Rombach MdL, Sprecher für Agrarpolitik (CDU), sagte: „Wir brauchen keinen Öko-Dirigismus. Ich plädiere für eine Entidiologisierung und Entemotionalisierung.“ Die konventionelle Erzeugung sei unverzichtbar und müsse ein besseres Image erhalten. Nils Opitz-Leifheit, parlamentarischer Berater für Umwelt- und Energiepolitik, Naturschutz und ländlichen Raum von der SPD, hob hervor, dass die grün-rote Landesregierung den biologischen Landbau deshalb gestärkt habe, um den umstellungswilligen Landwirten genügend Fördermittel zur Verfügung stellen zu können.
Joachim Kößler MdL, Mitglied des CDU-Fraktionsvorstands und Sprecher für Banken und Dienstleistungen, kritisierte, dass die zweckgebundene Erhöhung der Grunderwerbsteuer in Baden-Württemberg für junge Familien eine Belastung sei. „Die Erhöhung war unnötig.“ Industrie 4.0 müsse stärker im Mittelstand verankert werden. Andrea Lindlohr MdL, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, stellte in Sachen Energiepolitik heraus, dass bestehende Energieeffizienzprogramme greifen würden. Als nächstes stehe eine Nahwärme-Förderung an, die die Energiegenossenschaften stärken würde. Niko Reith MdL, Sprecher für Europapolitik, Mittelstand und Handwerk (FDP), forderte einen schnellen Internet-Breitbandausbau mit Glasfasertechnik. Peter Hofelich MdL, Staatssekretär im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft sowie Mittelstandsbeauftragter der Landesregierung (SPD), sagte zum Thema Digitalisierung: „Baden-Württemberg ist ein Technologieland par excellence. In Sachen Mobilität werde verstärkt agiert.
Mit diesem Forum beförderte der BWGV zum einen den direkten Dialog zwischen den Verbandsmitgliedern und politischen Entscheidungsträgern und brachte zum anderen die genossenschaftlichen Positionen zu wichtigen Themen in den politischen Prozess ein.