„Europa ist nicht perfekt, aber es ist die einzige Formation, mit der wir auch in Zukunft in der Welt bestehen und für unsere Werte eintreten können – gegen Autokraten und für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte“, sagte EU-Kommissar Günther H. Oettinger beim 5. Zukunftsforum Genossenschaft am Donnerstagabend (21. März) im Stuttgarter GENO-Haus. „Europa muss zusammenstehen und noch viel mehr in Forschung, Köpfe und Infrastruktur investieren, um nicht im Sandwich zwischen China und den USA zerdrückt zu werden“, so der Kommissar für Haushalt und Personal auf der Veranstaltung des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV). Oettinger betonte dabei auch die erfolgreiche Arbeit und die enorme Bedeutung der Genossenschaften in Baden-Württemberg.
„Das Subsidiaritätsprinzip muss wieder Richtschnur der europäischen Gesetzgebung sein“, forderte Dr. Roman Glaser, Präsident des BWGV, in seiner Grundsatzrede auf dem Zukunftsforum. Darüber hinaus ist dem Verband wichtig, dass auf europäischer Ebene einmal gegebene Regeln auch eingehalten werden sowie Risiko und Haftung stets verbunden bleiben – insbesondere bei der Bankenregulierung. „Damit Europa wieder stärker wird und relevant bleibt, muss es sich auf seine Grundwerte zurückbesinnen. Vielfältig, dezentral und subsidiär, das zeichnet Europa aus – ebenso wie Genossenschaften“, betonte Glaser, der im Verband selbst und bei den Mitgliedern des BWGV stets für die europäische Idee wirbt und auch aktiv europäische Themen begleitet.
Vor rund 200 Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft machte der BWGV-Präsident außerdem deutlich: „Genossenschaften werden immer wichtiger, wenn es darum geht, gesellschaftliche und ökonomische Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu meistern.“ Wie vielschichtig die Genossenschaften in Baden-Württemberg sind, zeigt ein Blick auf das breite Aufgabenfeld, das schon heute von ihnen abgedeckt wird. Die knapp 800 Genossenschaften im Südwesten sind mittlerweile in mehr als 50 verschiedenen Branchen aktiv. Dazu zählen neben den Volksbanken und Raiffeisenbanken, den gewerblichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften und den ländlichen Raiffeisen-Genossenschaften einschließlich der Winzer- und Weingärtnergenossenschaften mittlerweile auch Ärztegenossenschaften, Kooperationen von IT- und Softwareentwicklern, Kindergarten- und Schulgenossenschaften oder Dorfläden und Gasthäuser.
Kooperationen als Zukunftsmodell
Was die genossenschaftliche Rechts- und Unternehmensform so attraktiv für auf Zukunftsthemen ausgerichtete Unternehmen macht? „Kooperationen werden immer wichtiger – und wer könnte mehr Erfahrung bei der Umsetzung von Kooperationen haben als Genossenschaften, deren Kern Zusammenarbeit und konstruktives Miteinander ist“, betonte Glaser. Außerdem seien die demokratische, auf Mitglieder basierende Aufbaustruktur sowie die einzigartige Verknüpfung von wirtschaftlichem Erfolg mit sozialer Verantwortung entscheidende Erfolgsfaktoren von Genossenschaften. „Dies schafft eine hohe Legitimation und Akzeptanz für notwendige und sinnvolle Veränderungen, die in vielen Bereichen unserer Wirtschaft und Gesellschaft gerade stattfinden“, so Glaser. Der Präsident des BWGV stellte heraus, dass in Baden-Württemberg schon mehr als 3,94 Millionen Menschen, Unternehmen, Kommunen und weitere Institutionen Mitglied mindestens einer Genossenschaft sind. „Auf diese Weise sind Genossenschaften nicht nur wertvolle Multiplikatoren, sondern sie können auch sinnvolle Veränderungsprozesse in der Breite erlebbar machen.“
Hochkarätig besetzte Fachforen zu aktuellen Themen
Zum Konzept des Zukunftsforums Genossenschaft gehört es, dass sich Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Genossenschaften praxisorientiert zu verschiedenen Fachthemen austauschen und aktuelle Fragen und Themen erörtern. Der hohe Stellenwert dieses Austauschs wurde nicht zuletzt durch die hochkarätigen Gäste bei den drei Fachforen deutlich. Im ersten Fachforum „Wirtschaftliche Wertschöpfung“ diskutierte BWGV-Präsident Glaser mit Dr. Gisela Splett, Staatssekretärin im baden-württembergischen Finanzministerium, und Prof. Dr. Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim. Im Fachforum „Demografischer Wandel“ tauschte sich BWGV-Verbandsdirektorin Monika van Beek mit Thaddäus Kunzmann, Demografiebeauftragter des Landes Baden-Württemberg, und Florian Wernicke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung im Forschungs- und Innovationsverbund an der Evangelischen Hochschule Freiburg, aus. Im Fachforum „Tourismus“ diskutierten: Guido Wolf MdL, Minister der Justiz und für Europa des Landes Baden-Württemberg, Prof. Dr. Conny Mayer-Bonde, Studiendekanin des Studienzentrums Tourismus, Hotellerie und Gastronomie an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg, und Dr. Ansgar Horsthemke, Generalbevollmächtigter des gastgebenden BWGV.
Mit rund 3,94 Millionen Mitgliedern ist Baden-Württemberg das „Land der Genossenschaften“ – der Südwesten hat deutschlandweit die mit Abstand höchste Dichte an Genossenschaftsmitgliedern. Genossenschaften bieten ein alternatives Wirtschaftsmodell, bei dem alle Mitglieder gleichermaßen teilhaben und auch mitbestimmen können. Weitere Informationen finden Sie unter: www.wir-leben-genossenschaft.de. Meldungen, Infos und Nachrichten zu den Genossenschaften gibt es auch auf dem BWGV-Twitter-Kanal unter https://twitter.com/genobw. Unseren Newsletter können Sie hier abonnieren: https://www.wir-leben-genossenschaft.de/newsletter/.