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Wichtiger Partner in unsicheren Zeiten: Genossenschaftsbanken mit starkem Kundengeschäft

GENO-Haus Stuttgart
BWGV

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Die 137 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg haben sich im Jahr 2022 in einem anspruchsvollen Umfeld als verlässlicher Partner ihrer Mitglieder und Kunden präsentiert und schauen auf ein lebhaftes Kundengeschäft zurück: Die Kreditbestände legten um 7,3 Prozent auf 132,8 Milliarden Euro zu. Auf der Einlagenseite verbuchten die Genossenschaftsbanken im Südwesten einen Zuwachs von 3,8 Prozent auf 155,3 Milliarden Euro. Die addierte Bilanzsumme erhöhte sich um 3,4 Prozent auf 208,8 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis stieg um 13,4 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro.

„In unsicheren Zeiten zeigt sich die Stärke des genossenschaftlichen Geschäftsmodells ganz besonders. Angesichts der abrupten Zinswende und einer vor einem Jahr nicht vorstellbaren Rekordinflation gewinnt die hohe Beratungskompetenz unserer Volksbanken und Raiffeisenbanken noch mehr an Bedeutung. Dies drückt sich eindrucksvoll im starken operativen Geschäft mit Unternehmens- und Privatkunden aus“, betont Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands, bei der Bilanz-Pressekonferenz am Mittwoch, 8. März 2023, in Stuttgart.

Deutliches Kreditwachstum

Auch wenn, bedingt durch den Zinsanstieg, die Finanzierungsanfragen im Jahresverlauf abnahmen, lag das Kreditwachstum mit 7,3 Prozent nur leicht unter Vorjahresniveau (7,9 Prozent). Die Kreditbestände legten um insgesamt 9,1 Milliarden Euro auf 132,8 Milliarden Euro zu. Auf Privatkundenseite wuchsen die Kredite um 6,6 Prozent oder 4,7 Milliarden Euro auf 75,5 Milliarden Euro. Haupttreiber war einmal mehr die Nachfrage nach langfristigen Immobilienkrediten, deren Volumen sich auf 70,2 Milliarden beläuft. Viele Menschen haben sich noch vor der Zinswende günstiges Geld gesichert, ab den Sommermonaten ist die Nachfrage spürbar gesunken. Die Kredite der Genossenschaftsbanken an Unternehmen und Selbstständige haben noch stärker zugelegt und weisen ein höheres Wachstum auf als im Jahr 2021: Um 8,2 Prozent beziehungsweise knapp 4,1 Milliarden Euro sind die Firmenkundenkredite auf nunmehr 54,3 Milliarden Euro angewachsen. „Die mittelständisch aufgestellten Volksbanken und Raiffeisenbanken im Land finanzieren Innovation und Zukunft. Sie sind damit Garant für Wohlstand“, macht Glaser deutlich.

Kundeneinlagen steigen um 3,8 Prozent

Auf der Einlagenseite verbuchten die genossenschaftlichen Institute ein Plus von 3,8 Prozent. Die Kundeneinlagen stiegen um rund 5,7 Milliarden Euro auf 155,3 Milliarden Euro. Mit einem Plus von 44 Prozent legten Termineinlagen am stärksten zu auf 10,7 Milliarden Euro. Die täglich fälligen Kundeneinlagen stiegen um 3,7 Prozent auf 111,1 Milliarden Euro. Rückgänge um 4,4 Prozent auf 33,4 Milliarden Euro gab es bei den Spareinlagen. Aufgrund sinkender Aktienkurse hat sich das außerbilanzielle Kundenanlagevolumen um 8 Prozent auf 100,3 Milliarden Euro verringert.

Hohe Sparquote trotz Rekordinflation

„Im Zuge der Inflation und des damit verbundenen Kaufkraftverlusts hat die hohe Dynamik der vergangenen Jahre im Einlagengeschäft etwas nachgelassen. Vor allem Haushalte mit niedrigen Einkommen fällt es schwerer, Geld auf die Seite zu legen“, betont Glaser. Trotzdem sei die Sparquote nach Berechnung der DZ-BANK bundesweit auf einem hohen Niveau: Sie lag 2022 bei 11,4 Prozent. Glaser: „Die Rekordwerte von mehr als 15 Prozent in den Jahren 2021 und 2020 waren den stark eingeschränkten Konsummöglichkeiten der Corona-Zeit geschuldet.“ Die hohe Sparquote des Jahres 2022 resultiere nicht zuletzt aus der Verunsicherung der Menschen. „Viele Haushalte bleiben vorsichtig, da sie hohe Nachzahlungen bei den Energiekosten befürchten“, erklärt der BWGV-Präsident. Nachholeffekte im Konsumverhalten nach den restriktiven Corona-Jahren habe es daher nicht im erwarteten Umfang gegeben.

Erfreuliches Ergebnis der operativen Geschäftstätigkeit

Der Zinsüberschuss der baden-württembergischen Genossenschaftsbanken stieg um 4,2 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro. Der Provisionsüberschuss wuchs um 2 Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro. Das operative Betriebsergebnis entwickelte sich im Zuge dessen mit einer Steigerung von 13,4 Prozent sehr erfreulich und beträgt im Berichtsjahr 1,5 Milliarden Euro. Insbesondere aufgrund temporärer, durch die abrupte Zinswende hervorgerufene Wertberichtigungen auf die eigenen Wertpapieranlagen sank das Betriebsergebnis nach Risiko um 32 Prozent auf 529 Millionen Euro. „Unsere Banken halten Wertpapiere in der Regel bis zur Endfälligkeit. Die nahezu ausschließlich zinsinduzierten Wertkorrekturen werden sich daher in den Folgejahren wieder durch Bewertungsgewinne ausgleichen“, erklärt Glaser und ergänzt: „Dank ihrer seit Jahren hohen Ertragskraft sowie der kontinuierlich aufgebauten Kapitalrücklagen sind unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken ohne Einschränkung der starke Partner an der Seite ihrer Mitglieder und Kunden.“ Nach Steuern steht ein Jahresüberschuss von 377 Millionen Euro.

Trotz des anspruchsvollen Umfelds konnten die Volksbanken und Raiffeisenbanken im Südwesten ihre solide Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung im zurückliegenden Jahr weiter ausbauen. Das haftende Eigenkapital (Eigenmittel) erhöhte sich um 200 Millionen Euro oder 1,1 Prozent auf 18,6 Milliarden Euro. Das Kernkapital (Geschäftsguthaben der Mitglieder und Rücklagen) stieg um 500 Millionen Euro oder 3,1 Prozent auf 16,9 Milliarden Euro. Die Kernkapitalquote liegt bei durchschnittlich 15,5 Prozent.

Genossenschaftsbanken treibende Kraft der Transformation

„Unsere Banken haben sich in einem von multiplen Krisen gekennzeichneten Jahr erneut als widerstandsfähig erwiesen. Man darf sagen: Sie haben im Jahr 2022 den Stresstest unter realen Bedingungen bestanden. Dies ist eine gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg“, betont Glaser. Mit Sorge sieht der BWGV-Präsident die zunehmende Bürokratisierung und die immer stärker in den Markt eingreifenden politischen und regulatorischen Vorgaben. „Die Digitalisierung, die Transformation unserer Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit sowie die Bereitstellung von bezahlbarem, energetisch modernem Wohnraum sind zentrale Herausforderungen unserer Zeit. Dieser vor allem auch finanzielle Kraftakt gelingt nur, wenn Banken und Sparkassen ihrer vorgesehenen Aufgabe als treibende Kraft der ökologischen und digitalen Transformation sowie als Finanzierungsmotor der Wirtschaft gerecht werden können. Dazu braucht es dringend ein regulatorisches und finanzmarktpolitisches Umsteuern“, sagt Glaser und appelliert an die Politik: „Lasst die Banken ihren Job machen.“

Überregulierung und zu hohen Detaillierungsgrad vermeiden

„Bankenregulierung muss sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren“, erklärt BWGV-Vorstandsmitglied Carsten Eisele. Er fordert ein handhabbares Regulierungsrahmenwerk, das Überregulierung oder einen zu hohen Detaillierungsgrad vermeidet. Finanzierungsfreiräume dürften nicht weiter eingeschränkt und Kapitalanforderungen für Kreditinstitute nicht ohne Not weiter erhöht werden. Eisele: „Es ist an der Zeit, dem Finanzmarkt und vor allem den regional verankerten Banken mehr Vertrauen entgegenzubringen. Gefragt ist ‚Mut zur Ausnahme‘, anstatt dem Anspruch zu folgen, alles vollkommen zu regeln. Denn dies führt nicht zu mehr, sondern zu weniger Stabilität.“

Bei der Begleitung insbesondere der kleinen und mittelständischen Unternehmen, der Handwerksbetriebe und der Landwirtschaft auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit sieht der BWGV-Präsident die Genossenschaftsbanken besonders gefordert: „Die Volksbanken und Raiffeisenbanken kennen ihre Kunden und sind daher prädestiniert, die Rolle des Transformationsbegleiters zu übernehmen“, betont Glaser und macht deutlich: „Genossenschaften tragen Nachhaltigkeit in ihrer DNA.“

Die Zahl der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg hat sich im Jahr 2022 fusionsbedingt um sieben Institute auf 137 reduziert. Sie beschäftigen rund 20.300 Mitarbeitende (Vollzeitstellen), zählen mehr als 6,5 Millionen Kundinnen und Kunden und werden von 3,63 Millionen Mitgliedern getragen.

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