Am 26. Mai hat Europa die Wahl. Doch die kommende Wahl zum Europäischen Parlament und die folgende Neuorganisation der EU-Kommission gilt als Schicksalswahl für Europa. Nicht nur der Brexit setzt die Europäische Union (EU) unter Druck, sondern auch Re-Nationalisierungstendenzen und ein zunehmender Populismus in den verbleibenden Mitgliedsstaaten.
Für den Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV) steht dabei fest: Die Europäische Union ist ein Erfolgsprojekt. Sie hat uns nicht nur Frieden zwischen den Mitgliedsstaaten gesichert. Vielmehr profitieren wir alle vom gemeinsamen Binnenmarkt, also dem freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Wir setzen uns daher ein für ein starkes und geeintes Europa. Doch damit Europa wieder stärker wird und relevant bleibt, muss es sich auf seine Grundwerte zurückbesinnen. Vielfältig, dezentral und subsidiär, das zeichnet Europa aus – ebenso wie Genossenschaften. Überhaupt ist die Europäische Union dem Modell einer Genossenschaft recht ähnlich. Die Mitgliedstaaten haben sich zusammengeschlossen, um ihre Kräfte zu bündeln, die Vorteile der Kooperation zu nutzen – ohne dabei ihre Eigenständigkeit aufzugeben. Dieser Kerngedanke eines geeinten Europa sollte wieder mehr in den Vordergrund rücken. Zurecht ist das Motto der europäischen Einigung „In Vielfalt geeint“. Nationale und regionale Diversität sind kein Nachteil, sondern das Besondere an Europa und konstruktiv genutzt sogar eine Stärke.
BWGV begleitet und informiert zur Europawahl
Der BWGV bringt sich im Vorfeld der Europawahl aktiv und als kritischer und konstruktiver Begleiter der europäischen Einigung ein. Wir begleiten die Landespolitik und -verwaltung aktiv durch Gespräche und Positionierungen. Europa als Thema setzen wir zudem durch Information unserer Mitarbeiter und Mitglieder sowie durch gezielte kleinere und größere Veranstaltungen, so bspw. einem Infostand vor dem GENO-Haus am Europatag sowie Fachveranstaltungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 mit der Europaabgeordneten Maria Heubuch und zur Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion mit Minister Guido Wolf und dem Europaabgeordneten Peter Simon. Auch das diesjährige Zukunftsforum Genossenschaft steht ganz im Zeichen Europas. EU-Kommissar Günther H. Oettinger wird die Grundsatzrede übernehmen und auf die Wahlen zum EU-Parlament sowie die Zukunft der Europäischen Union eingehen.
Darüber hinaus hat der BWGV eine Umfrage unter seinen Mitgliedern durchgeführt, um deren Einschätzungen und Anknüpfungspunkte zur EU zu erfahren. Die mehr als 150 Antworten, die einer Rücklaufquote von fast 20 Prozent entsprechen, zeigen, wie wichtig auch unseren Mitgliedern die Weiterentwicklung der Europäischen Union ist. Die meisten Antworten gingen von Genossenschaftsbanken ein. Aber auch 34 gewerbliche und 17 ländliche Genossenschaften haben sich beteiligt. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen: Die Grundhaltung der Genossenschaften in Baden-Württemberg zur EU ist positiv. Wichtig ist aber, dass Subsidiarität Kern europäischer Politik bleibt, Proportionalität gelebt wird, vereinbarte Regeln Anwendung finden sowie Risiko und Haftung stets verbunden bleiben. Genossenschaften weisen außerdem auch bezüglich der EU eine starke Beteiligungskultur auf. So geben 70 Prozent der Befragten an, sich an den Wahlen zum Europäischen Parlament beteiligen zu wollen. Knapp die Hälfte der Befragten spricht zudem lokale Entscheidungsträger/-innen an. Rund jeder Fünfte nimmt an Konsultationen teil oder wirkt in einer Partei bzw. Interessengruppe mit. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse steht Ihnen als Download bereit.
Der Bereich Interessenvertretung des BWGV hat die Spitzenkandidaten aus Baden-Württemberg zur bevorstehenden Wahl des Parlaments der Europäischen Union zu ihren Schwerpunktthemen und zu ihrer Sichtauf die Rolle von Genossenschaften im europäischen Kontext befragt.
Rainer Wieland MdEP
Vizepräsident des Europäischen Parlaments
Spitzenkandidat der CDU
Was sind Ihre europapolitischen Schwerpunktthemen?
Es ist mir zunächst einmal ein wichtiges Anliegen, für mehr Interesse an europäischen Fragen zu werben. Wir tun gut daran, mit Blick auf die EU mehr das „wie“ in den Mittelpunkt zu stellen und weniger das „ob“. Ich möchte die Menschen daher dazu ermuntern, sich stärker – und durchaus auch kritisch – mit der Arbeit der EU-Institutionen und europäischen Themen zu befassen. Der stetige Austausch mit den verschiedensten Stimmen aus Baden-Württemberg ist auch für meine politische Arbeit von großer Bedeutung. Ein offenes Ohr für die Heimat zu haben hilft mir, meine Entscheidungen gut abzuwägen. Es freut mich vor diesem Hintergrund sehr, dass ich in den vergangenen Jahren zahlreiche Besuchergruppen, auch aus dem genossenschaftlichen Bereich, in Brüssel und Straßburg empfangen durfte. Dieses Angebot möchte ich auch in der kommenden Legislaturperiode fortführen. Inhaltlich sehe ich für die nächsten Jahre einige Herausforderungen. Wirtschaftlich bleibt ein starker Binnenmarkt im Fokus. Bestehende Hürden für Unternehmen und Verbraucher müssen wir dabei ebenso anpacken, wie die Gestaltung eines fairen Wettbewerbs, der keine sozialen Verwerfungen verursacht. Wichtig werden in den nächsten Jahren auch institutionelle Reformen. Eine effizientere Entscheidungsfindung und eine Stärkung der Stimme Europas in der Welt sind nur zwei Herausforderungen in diesem Bereich. Veränderungen können hier jedoch nur gelingen, wenn alle Mitgliedstaaten mitziehen. Wir alle – nicht nur die wenigen Abgeordneten – sind daher aufgerufen, unsere Sorgen, Wünsche und Ideen einzubringen und aktiv an der Weiterentwicklung Europas mitzuwirken! Natürlich werbe ich dabei auch für meine Überzeugungen. Trotzdem: Glauben Sie mir nicht einfach! Denken Sie selbst nach und sprechen Sie mit mir und anderen! So entsteht Bewusstsein rund um die europäischen Fragen. Das ist der Stoff, aus dem das Europa von morgen gebaut wird! Es freut mich sehr, dass sich der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband schon heute an der Diskussion um die Zukunft Europas beteiligt und mit Ideen einbringt.
Welche Bedeutung messen Sie Genossenschaften bei der Lösung von zukünftigen europäischen Herausforderungen bei?
Das Genossenschaftsmodell verbindet – ähnlich wie die EU – die Vorteile der Eigenständigkeit mit den Stärken eines starken Netzwerkes. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass dieses Erfolgsmodell, das in vielen europäischen Ländern noch nicht gleichermaßen etabliert ist wie in Deutschland, noch mehr Anklang findet. Ein Blick auf die Ursprünge der Genossenschaften in Deutschland zeigt, welche Chancen dieses Modell auch heute noch bieten könnte. Beispielsweise in strukturschwachen Regionen kann dies ein nachhaltiger Weg sein, der den Menschen vor Ort Stabilität und neue wirtschaftliche Dynamik bringt.
Gerade auch über die Grenzen der EU hinaus sehe ich großes Potenzial für Genossenschaften. Ein Beispiel sind Länder wie der Kosovo. Die Folgen von Krieg und Misswirtschaft sorgen dort bis heute für eine schwierige wirtschaftliche Lage. Vielen Menschen fehlen jedoch nicht die Ideen, sondern oftmals nur das Kapital und die Strukturen, um diese umzusetzen. Leider ist das Genossenschaftswesen in ehemals sozialistischen Ländern oft wenig bekannt oder gar negativ konnotiert. Eine Genossenschaft wird oft mit den Enteignungen in der sozialistischen Zeit verbunden. Es ist mir daher ein wichtiges Anliegen, derartige Vorbehalte abzubauen und so neue Chancen zu eröffnen. Ich würde mich freuen, bei diesem Vorhaben auf die Expertise und Tatkraft der Mitglieder des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands zählen zu können. Gleichzeitig stehe ich Ihnen umgekehrt auch künftig stets gerne als Gesprächspartner, Vermittler und Türöffner zur Verfügung.
Evelyne Gebhardt MdEP
Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments
Spitzenkandidatin der SPD
Was sind Ihre europapolitischen Schwerpunktthemen?
Wir wollen ein selbstbewusstes Europa, das sich nach außen hin Gehör verschafft und nach innen für gute und faire Arbeit sorgt, damit der Zusammenhalt und der Friede gewahrt bleiben. Dazu zählt der Aufbau einer europäischen Arbeitslosenversicherung für die Vollendung der Wirtschaftsund Währungsunion genauso, wie die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsmarktbehörde, die für Fairness innerhalb des Europäischen Binnenmarktes sorgt.
Zudem wollen wir, dass die Bürger und Bürgerinnen von der Digitalisierung profitieren und nicht allein Konzerne, die in Europa so gut wie keine Steuern zahlen. Der technologische Fortschritt darf kein Selbstzweck sein, sondern muss den Menschen in Europa dienen.
Deshalb wollen wir eine Anpassung und Ausweitung des europäischen Rechtsrahmens auf autonome Systeme, wie autonome Autos oder automatische Rechtsberatungssysteme erreichen. Diese Big-Data-gesteuerten Systeme sind ein Kernelement des digitalen Wandels und werden die Welt nachhaltig verändern.
Die Europäische Wirtschaftsstrategie soll daraufhin ausgerichtet werden, dass öffentliche Güter wie Bildung, Gesundheit, der öffentliche Personennahverkehr, Pflege oder öffentliche Infrastruktur nicht allein dem Markt überlassen werden dürfen.
Welche Bedeutung messen Sie Genossenschaften bei der Lösung von zukünftigen europäischen Herausforderungen bei?
Genossenschaften haben in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine große wirtschaftliche Bedeutung, insbesondere im Kreditwesen, im Wohnungsbau und in der Landwirtschaft. Ihre Tätigkeit beschränkt sich allerdings noch immer überwiegend auf den regionalen oder nationalen Rahmen. Um das Potenzial der genossenschaftlichen Struktur auch für die grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeit im Europäischen Binnenmarkt zu nutzen, hat die Europäische Union die Rechtsform der Europäischen Genossenschaft geschaffen.
Diese Rechtsform sollte für Gründungen mit dem Ziel den Europäischen Binnenmarkt zu beliefern häufiger gewählt werden, weil Unternehmer und Unternehmerinnen, die sich zu Genossenschaften zusammenschließen, sich auch für größere Aufträge im Binnenmarkt stark machen, neue Absatzgebiete erreichen oder Einkaufsvorteile besser nutzen können, ohne dass dabei die Selbstständigkeit des einzelnen aufgegeben werden muss.
Genossenschaften haben Modellcharakter in ganz Europa, wenn es darum geht, aktuelle soziale, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen zu meistern. Deshalb sollten Genossenschaften auch in der digitalen Welt, etwa bei Online-Plattformen und digitalen Unternehmen besonders gefördert werden.
Michael Bloss
Spitzenkandidat Bündnis 90/Die Grünen
Was sind Ihre europapolitischen Schwerpunktthemen?
In der Europäischen Union liegt unsere gemeinsame Zukunft. Eine starke EU ist Garantin für die Handlungsfähigkeit der Politik. Die nächsten Jahre werden entscheidend für die Bekämpfung der Klimakrise. Diesen Schwerpunkt werde ich im Europaparlament setzen. Und dazu brauchen wir die Bürgerinnen und Bürger. Ich will mich für Erneuerbare-Energie-Genossenschaften einsetzen, so dass es einfacher wird, den gemeinsam erzeugten Strom auch in die Netze einzuspeisen. Das Pariser Klimaabkommen gibt vor, dass bis zum Jahr 2050 der CO2-Ausstoß auf null gesenkt werden muss. Das geht nur, wenn alle zusammenstehen, und dazu brauchen wir gemeinwohl-orientierte und genossenschaftliche Unternehmen sowie die Möglichkeit, soziale und ökologische Standards bei öffentlichen Ausschreibungen zu berücksichtigen.
Welche Bedeutung messen Sie Genossenschaften bei der Lösung von zukünftigen europäischen Herausforderungen bei?
Wir stehen in Europa vor zwei großen Aufgaben: Die Klimakrise und die Bewahrung einer offenen und solidarischen Gesellschaft. Bei beiden können Genossenschaften mithelfen, unsere europäische Gesellschaft zukunftsfest zu machen.
Die genossenschaftliche Idee, dass viele zusammen etwas verwirklichen, das sie alleine nicht schaffen würden, ist wesensgleich zur europäischen Idee. Auch in der EU schaffen wir gemeinsam viel mehr, als dass es die einzelnen Mitgliedsstaaten alleine erreichen könnten. Deshalb passt der genossenschaftliche Gedanke so gut zu Europa. Genossenschaften sind vielerorts Stützen der Gesellschaft, sie sorgen dafür, dass der Dorfladen geöffnet bleibt und dass es faire Produkte in der Schulkantine zu kaufen gibt. Deshalb gilt es, genossenschaftliche Unternehmermodelle weiter zu fördern und weiterzuentwickeln, zum Beispiel durch eine anerkannte Kennzeichnung für gemeinwohlorientierte Unternehmen.
Genossenschaftliche Banken tun schon jetzt viel für die Gesellschaft. Sie fördern ökologische und soziale Projekte, die nicht gewinnorientiert aber dennoch sinnvoll sind. Europäisch müssen wir das Bankwesen neu organisieren, allerdings sollen die Sparkassen und Genossenschaftsbanken und ihre Institutssicherungssysteme dabei geschützt bleiben, so dass diese weiterhin ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen können.
Energie- und landwirtschaftliche Genossenschaften brauchen wir, um die Klimawende in Europa einzuläuten. Deshalb ist für uns klar, wir wollen diese Form des Unternehmertums fördern. Bei der europäischen Agrarpolitik muss viel mehr Geld in die zweite Säule fließen und öffentlichen Aufgaben, wie dem Natur- und Klimaschutz zugutekommen. Davon würden auch Genossenschaften profitieren.
Andreas Glück MdL
Spitzenkandidat der FDP
Was sind Ihre europapolitischen Schwerpunkthemen?
Energie- und Umweltpolitik, Mobilität und Wirtschaftspolitik.
Welche Bedeutung messen Sie Genossenschaften bei der Lösung von zukünftigen europäischen Herausforderungen bei?
Die Genossenschaften spielen zusammen mit anderen Unternehmen der Sozialwirtschaft vor allem in Krisenzeiten eine entscheidende Rolle für die europäische Wirtschaft. Sie verbinden Wirtschaftlichkeit mit Solidarität, schaffen qualitativ hochwertige Arbeitsplätze, stärken den sozialen, wirtschaftlichen und regionalen Zusammenhalt. Dadurch bringen sie Sozialkapital hervor.
Natürlich darf man auch nicht die wachsende Bedeutung der Genossenschaften in Gemeinden vergessen, die es den Bürgern ermöglicht, vor allem das nötige Angebot an medizinischen und sozialen Diensten, Schulen sowie Einkaufsmöglichkeiten und Kommunikationsdiensten usw. aufzustellen. Gerade im Bereich der erneuerbaren Energien ermöglichen es Genossenschaften den Bürgern, Genossenschaftsmitgliedern von lokalen Projekten zu werden und Anreize für Investitionen in Projekte für erneuerbare Energieträger zu schaffen, was wiederum die gesellschaftliche Akzeptanz neuer Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen erhöht. Generell muss man die Genossenschaften als tragende Säule unserer mittelständischen Wirtschaft sehen. Daher sind immer neue Regelungen aus Brüssel und Berlin Gift für genossenschaftliches unternehmerisches Wirken.
Prof. Dr. Jörg Meuthen MdEP
Spitzenkandidat der AfD
Was sind Ihre europapolitischen Schwerpunkthemen?
Wir sind die einzigen, die bestimmte Themen ansprechen und nach Deutschland kommunizieren. Unsere Rolle ist die des Aufpassers. Denn wir sind in Brüssel die einzige Oppositionspartei. Das ist eine wichtige Funktion, da sich CDU/CSU mit SPD, Grünen und FDP in Brüssel häufig und üblicherweise an einem Tisch wiederfinden. Und wenn deren Interessen gleichgelagert sind, dann fehlt eben auch das Interesse an Öffentlichkeit. Diesen Konsens stören wir – und das ist letztendlich zum Wohle aller Wähler und der Steuerzahler.
Wenn es zum Beispiel um den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen – also den Haushalt der EU für die sieben Jahre von 2021 bis 2027 – geht, sprechen wir uns als AfD gegen die Erhöhung des deutschen Beitrags aus. Denn sofern die Ausgabenvorschläge der EU angenommen würden und die Briten aussteigen, dann wächst der deutsche Bruttobeitrag von derzeit mehr als 30 Milliarden auf deutlich über 40 Milliarden Euro pro Jahr. Nennenswerten Widerstand gibt es dagegen bei den anderen Parteien nicht. Bei uns schon. Und wir haben Lösungen: Wir wollen die innereuropäische Umverteilung drastisch reduzieren und die Kohäsions- und Regionalförderungspolitik massiv einschränken.
Transparenz fehlt in der EU auch bei der Frage ihrer Finanzierung. Hier liegen zahllose Vorschläge auf dem Tisch. Die meisten dieser Vorschläge sind neue Steuern, welche direkt von der EU erhoben werden sollen, um diese zu finanzieren. Diskutiert werden u.a. Dieselsteuer, Kerosinsteuer, Plastiksteuer, das Aufkommen aus einer vergemeinschafteten Körperschaftsteuer und sogar die Überführung der Seigniorage-Gewinne der EZB in den EU-Haushalt, obwohl diese bisher der Bundesbank zugeleitet werden. Wir haben zu allen diesen Punkten namentliche Einzelabstimmung verlangt und stellen fest, dass diese EU-Steuern von den anderen bürgerlichen Parteien gewollt werden. Wir dagegen wollen nicht, dass die EU eigene Steuerkompetenzen erhält. Deswegen werden wir auch in Zukunft mit allen uns als Opposition zur Verfügung stehenden Mitteln transparent machen, wie sich die anderen Parteien hier in Brüssel, weit weg vom Wähler, verhalten. Denn wir verstehen uns in erster Linie als Aufpasser. Einen besseren werden Sie nicht finden.
Welche Bedeutung messen Sie Genossenschaften bei der Lösung von zukünftigen europäischen Herausforderungen bei?
Die AfD ist der Meinung, dass die EU zu groß und unüberschaubar ist und sich zu viele Kompetenzen über Dinge angeeignet hat, die man besser auf niedrigerer Ebene, also national, regional oder auch kommunal regeln sollte. Genossenschaften sind ein Paradebeispiel für Organisation auf niedriger Ebene. Viele wissen nicht mehr, dass Genossenschaften früher ein weit größeres Gewicht hatten als heutzutage. Die damals besseren rechtlichen Rahmenbedingungen für Genossenschaften haben Selbstorganisation und gegenseitige Hilfe bei Kredit, Erwerb und sogar gegenseitige soziale Absicherung möglich gemacht. Für uns haben Genossenschaften auch heute noch das Potenzial dafür, ein hervorragendes Instrument ziviler Selbstorganisation zu sein. Sie können viele Aufgaben – von der Altersabsicherung, über den Bau von Wohnungen bis hin zum Zahlungsverkehr – übernehmen, wenn man sie nur lässt.
Zusammen mit Handwerkstag, Industrie- und Handelskammertag, Sparkassenverband und Bankenverband in Baden-Württemberg hat der BWGV außerdem Anfang 2019 in Brüssel ein Positionspapier vorgestellt, das sich an politische Entscheidungsträger/innen auf EU-Ebene richtet. Kernpunkt des gemeinsamen Positionspapiers ist die Wahrung und Stärkung des baden-württembergischen Mittelstands. Unter dem Titel „Digitalisierung gestalten – Mittelstand stärken“ wurden zu den Schlüsselthemen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz Aktionsfelder dargestellt, in denen die Wirtschaft in Baden-Württemberg dringenden Handlungsbedarf auf EU-Seite sieht. Zudem wird das für die Unternehmensfinanzierung in Deutschland höchst erfolgreiche Hausbankenmodell thematisiert. Das Positionspapier finden Sie anbei zum Download.
Positionen der Bundesverbände zur Europawahl
Um die Interessen unserer Mitglieder im Vorfeld der Europawahl noch besser in den politischen Prozess einbringen zu können, hat der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) zehn Positionen zu Europawahl formuliert.
Der BVR setzt sich insbesondere für mehr Augenmaß in der Bankenregulierung und die Einführung einer Small Banking Box ein, spricht sich gegen eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung aus und fordert die Stärkung der Mittelstandsfinanzierung. Das Positionspapier finden Sie anbei zum Download.
Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) betont im Vorfeld der Europawahl, dass die über 2.000 deutschen Raiffeisen-Genossenschaften mit ihrer starken Position als Wirtschaftskraft im ländlichen Raum auf stabile und tragfähige Verhältnisse in Europa angewiesen sind. Was aus Sicht der Genossenschaften wichtig ist, damit die Agrarwirtschaft weiterhin eine Zukunft in Europa hat, geht aus den DRV-Kernforderungen zur Europawahl hervor. In den acht Positionen fordert der Spitzenverband der Genossenschaften im grünen Sektor die Stärkung der Erzeuger in der Lebensmittelkette ebenso wie einen freien Binnenmarkt und vor allem eine praxisnahe und starke Gemeinsame Agrarpolitik einhergehend mit einem stabilen Agrarbudget. Das Positionspapier steht Ihnen zum Download zur Verfügung.
Positionieren im Wahlkampf
Insbesondere vor anstehenden Wahlen wird über Parteien, ihre Kandidat/innen und Positionen vielfältig diskutiert. Vertreter/innen einer Genossenschaft sollten sich öffentlich allerdings zurückhaltend äußern. Eine eingetragene Genossenschaften (eG) ist Wirtschaftsunternehmen und damit Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB) und daher zu politischer Neutralität verpflichtet. Was Sie bei politischen Äußerungen zu beachten haben, haben wir in einem Onepager für Sie zusammengestellt. Sie finden ihn anbei zum Download.
Ihre Ansprechpartner für (EU-)Politik im BWGV/ Bereich Interessenvertretung
Anja Roth (Mail: anja.roth@bwgv-info.de, Tel.: 0711 222 13 - 27 25)
Eva Krauß (Mail: eva.krauss@bwgv-info.de, Tel.: 0711 222 13 - 14 27)
Nikolas Groß (Mail: nikolas.gross@bwgv-info.de, Tel: 0711 222 13 - 26 02)